AI-Driven Design: Wird sich die künstliche Intelligenz als Freund oder Feind von Designern und Kommunikatoren erweisen?

AI-Driven Design: Wird sich die künstliche Intelligenz als Freund oder Feind von Designern und Kommunikatoren erweisen?

Alberto Maestri Veröffentlicht am 10/13/2018

Zuerst die Computer mit der Desktop-Publishing-Revolution (erinnern Sie sich noch an den Hype, der 1984 bei der Markteinführung des Mac durch Apple losging?). Dann das Internet. Und nun künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen (auch als „Machine Learning“ bekannt). Es vergeht kein Jahrzehnt – ja, noch nicht einmal mehr Jahr! –, ohne dass sich Designer, Illustratoren und Kommunikationsdesigner technischen Innovationen stellen müssen (was bisweilen durchaus zu Stress führt).

Aufgrund ihrer Ausbildung und grundsätzlichen Einstellung sind diese Berufsgruppen risikoscheu, wissbegierig und offen für Neues – viele sind ständig auf der Suche nach neuen Horizonten. Dieser Artikel hat es sich zum Ziel gesetzt, Klarheit über das Wesen der künstlichen Intelligenz und die Beziehung zwischen KI und den Aufgaben der visuellen Kommunikation zu schaffen, wobei ich einige der interessantesten Produkte und Unternehmen im Bereich des AI-Driven Graphic Design vorstellen möchte. In den Schlussfolgerungen werde ich versuchen, „den Kreis zu schließen“ und die titelgebende Frage zu beantworten.

Was sollen wir als Experten in Sachen visueller Kommunikation von der rasanten Entwicklung der neuen Technologien halten?

Ich hoffe, Ihnen mit diesem Text einen nützlichen Leitfaden an die Hand zu geben, sodass Sie sich in diesen fachbereichsübergreifenden Themen zurechtfinden und für den „Ernstfall“ gewappnet sind oder bereits heute die Möglichkeiten, die sich unablässig auftun, für sich nutzen können.

AI-Driven Design und Algorithm-Driven Design: Worum geht es?

Anerkannte Zeitschriften wie Wired bezeichnen es als AI-Driven Design. Auf anderen Websites ist hingegen von Algorithm-Driven Design zu lesen. Und auch der Ausdruck Design Intelligence ist zu finden. Ursprung all dieser Benennungen – das erschließt sich sofort – ist die nicht-menschliche Intelligenz, die in der Lage ist, kreative Ergebnisse zu erzielen, welche das menschliche Auge nicht von menschengemachten Werken unterscheiden kann.

Eine der Definitionen von künstlicher Intelligenz lautet wie folgt:

Eine Disziplin, die Theorie, Methoden und Techniken erforscht, die sich für die Entwicklung von Systemen eignen, mit deren Hilfe Computer Leistungen erbringen können, von denen ein gewöhnlicher menschlicher Beobachter annehmen muss, dass sie allein der menschlichen Intelligenz vorbehalten seien.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den Algorithmen um die „Rezepte“, d. h. die Regeln, die der ordnungsgemäßen Funktion der KI zugrunde liegen. Persönlich ziehe ich den Ausdruck AI-Driven Design vor: Diesen werde ich im vorliegenden Artikel verwenden, da er mir umfassender und aussagekräftiger erscheint.

KI und Algorithmen: Auf den ersten Blick haben sie nur wenig mit Grafikdesign und visueller Kommunikation zu tun, oder? Was müssen wir uns darunter vorstellen, und welche Möglichkeiten zur integrierten Anwendung gibt es?

Statt einer Beschreibung möchte ich auf ein konkretes Beispiel zurückgreifen: Ist das unten gezeigte Bild (von Chris Rodley) Ihres Erachtens durch die Nutzung künstlerischer Mittel entstanden, die auf KI basieren? Ja, tatsächlich handelt es sich um ein ausgezeichnetes Beispiel für AI-Driven Design 🙂

Quelle: https://theblog.adobe.com/ai-unlikely-muse-inspire-next-creative-breakthrough/?scid=394ba2b6-79c2-43e8-8505-0755ab425857&mv=social&mv2=paid_social

[/caption]Stellen Sie sich einmal vor, wie solche Technologien Ihre tägliche Arbeit grundlegend verändern können (und möglicherweise für Kopfzerbrechen sorgen werden, doch dazu später …): So könnte beispielsweise der Traum eines jeden Webdesigners von „websites that just make themselves“ wahr werden. Doch hier geht es nicht allein um Websites: Nachfolgend eine Auflistung von 3 idealen Lösungen für verschiedene kreative Herausforderungen.

3 Innovationen auf der Grundlage von AI-Driven Design, die Sie bei der täglichen Arbeit im Hinterkopf behalten sollten

Wix ADI, The Grid und Adobe Spark. Diese Namen werden häufig mit Cyberpunk-Ästhetik in Verbindung gebracht, sind also ganz der Tradition der künstlichen Intelligenz verhaftet. Gleichzeitig zeichnen diese Namen aber auch Lösungen aus, die KI nutzen, damit Kreative und Kommunikationsdesigner ihrem schöpferischen Potenzial freien Lauf lassen können.

Was steckt dahinter?

  • WiX ADI: „ADI“ steht für „Artificial Intelligence Design“. Bei dieser von Wix entwickelten Anwendung handelt es sich um einen leistungsstarken, sehr beliebten Website-Builder. Sie müssen lediglich Ihre Inhalte als Input hochladen, dann führt Sie der ADI-Assistent Schritt für Schritt zur optimalen digitalen Lösung in Bezug auf Farben, Aussehen, Bilder, usw. Neugierig geworden? Ein Erklärvideo gibt’s unter folgendem Link:

  • The Grid: „welcome doers & creators, this medium adapts to your message“ – zu Deutsch: Herzlich Willkommen, Macher und Erschaffer, dieses Medium passt sich Ihrer Botschaft an. Eine bemerkenswerte Begrüßung, die die Homepage von The Grid bereithält, nicht wahr? Diese Plattform verspricht, den Erstellungsprozess für eine Website maximal zu minimieren: Einfach den gewünschten Content hinzufügen, der Rest wird durch die Anwendung „adaptiver Designelemente“ erledigt.

  • Adobe Spark: „Erstellen Sie ausdrucksstarke Grafiken, Web-Seiten und Video-Storys in wenigen Minuten mit der kostenlosen Grafikdesign-App Spark.“ Die Message auf der Homepage dieser Lösung spricht für sich selbst. Mit diesem Tool können Sie in nur wenigen Schritten Inhalte für die Social Media, Websites, Video- und andere Kanäle bzw. Formate kreieren, dank der Arbeit von Adobe Sensei: Der „Zauberstab“ verbirgt sich hinter jedem Adobe-Produkt, das auf die Paradigmen von KI und maschinellem Lernen setzt. Die Geheimnisse der visuellen Kommunikation werden samt und sonders gelüftet!

Fazit bzw. neue (kreative) Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt

Chatbots, intelligente Visualisierung, automatisch gewählte Farbschemata und vieles mehr. Wie oben bereits erwähnt, werden die „AI-Driven Design“-Technologien zu tief greifenden Veränderungen führen – und dem einen oder anderen Kopfzerbrechen bereiten. Angesichts dieser wirklich effizienten und sehr leistungsstarken Lösungen drängt sich spontan die Frage auf: Werden sie in naher oder ferner Zukunft den menschlichen Anteil am Schaffensprozess vollständig ersetzen können?

Die wahrscheinlichste Antwort lautet: Nein. Bis dato sind nur Kreative aus Fleisch und Blut in der Lage, Kreativität und analytisches Denken, d. h. die Fähigkeiten der rechten und linken Gehirnhälfte, in Einklang zu bringen.

In diesem Zusammenhang fand ich die Überlegungen von Richard und Daniel Susskind in ihrem Werk The Future of the Professions überaus erhellend:

„Wir können uns durchaus vorstellen, dass Maschinen eines Tages […] wunderbare Gedichte schreiben, fantastische Sinfonien komponieren, atemberaubende Landschaftsbilder malen, göttlich singen und anmutig tanzen werden. […] Unsere Bewunderung gilt heute Weltklasseläufern, auch wenn unsere Autos weitaus schneller sind. Künftig werden wir wohl unsere Roboter gegeneinander antreten lassen, […] aber nur wenig Sinn in einem Wettkampf zwischen menschlichen Athleten und Androiden sehen. Die physische Leistungsfähigkeit körperlich fitter Menschen, die ohne die Unterstützung von Maschinen möglich ist, wird uns jedoch immer begeistern. Und auf die gleiche Weise werden wir auch weiterhin jenen Respekt und Bewunderung entgegenbringen, die in den Bereichen Literatur, Geisteswissenschaften, Musik und Kunst rein menschengemachte Werke erschaffen, ganz ohne digitale Hilfe. [Diese Kreationen] werden wir genau deshalb betrachten, bewerten und wertschätzen, weil sie […] von menschlichen Wesen gemacht wurden.“

Nicht vergessen darf man dabei, dass künstliche Systeme in der Regel keinerlei Welterfahrung besitzen. Ihr Ansatz sollte also sein, die von mir dargelegten Sachverhalte als große berufliche Herausforderung zu betrachten: Meistern Sie diese, so wird sich die Art, wie Sie Ihren Beruf ausüben, verändern.

Selbstverständlich lässt sich ein Themenbereich wie KI nicht einfach nebenbei beherrschen, der Einarbeitungsaufwand ist ziemlich hoch. Das gilt in besonderem Maß, wenn die Nutzung von KI zu künstlerischen Zwecken angestrebt wird. Zusätzliche Herausforderung: Diese Themen unterliegen einem stetigen Wandel und entwickeln sich unaufhörlich weiter. Erik Natzke, Principal Artist in Residence bei Adobe Research, beschreibt es wie folgt:

„Ich bin fest davon überzeugt, dass die [KI-]Tools, die wir heute einsetzen, in fünf Jahren komplett anders aussehen werden. Ich weiß noch nicht genau wie, aber eine Entwicklung steht unmittelbar bevor. In der Zukunft werden wir erstaunt darauf zurückblicken, wie wir Computer in der heutigen Zeit eingesetzt haben.“

Eines ist gewiss: Durch die Einführung und Verbreitung der künstlichen Intelligenz auch im Kreativbereich ist (und wird) die Verknüpfung zwischen Wissenschaft, Business und Kunst immer enger. Und ich möchte noch einmal wiederholen: Es liegt ganz bei Ihnen selbst, diese Verflechtung geschickt zu nutzen, um sich noch professioneller aufzustellen und Wow-Effekte zu erzielen.