Gibellina Photoroad. wenn die fotografie mit der stadt in dialog tritt

Gibellina Photoroad. wenn die fotografie mit der stadt in dialog tritt

Alessandra Alessiani Veröffentlicht am 9/20/2017

„Die Fotografie ist eine schwarze Kunst, genau wie die Alchemie. Sie verwandelt Materie in Geist und Geist in Materie.“

Diese Worte des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Poeten Charles Simic aus einem seiner Werke scheinen sich besonders auf dieses Stück Land zu beziehen, dessen „Materie“ bereits einmal zu Staub und Schutt zerbröckelte. Dass es Gibellina möglich war, sich nach dem Erdbeben von 1968 wieder zu erheben ist unter anderem dem Traum zu verdanken, durch zeitgenössische Kunst eine urbane Identität zu erschaffen. An diesem Traum wird noch heute gearbeitet, lanciert durch den damaligen Bürgermeister Ludovico Carrao zusammen mit Leonardo Sciascia und unter Inbezugnahme von Künstlern der Größenordnung von Mario Schifano, Mimmo Paladino, Arnaldo Pomodoro: Heute gehören dazu 50 Open-Air-Kunstwerke, wie unter anderen das berühmte „Cretto“ von Alberto Burri, eines der weltweit bekanntesten Land-Art-Werke, ist das neue Gibellina 20 km vom ursprünglichen Standort entfernt zu einem Freiluftmuseum mit großer Wirkung geworden.

Doch warum erzählen wir Ihnen das alles? Weil unserem Team von Pixartprinting genau aus diesem einzigartigen Ort im Belice-Tal auf Sizilien ein äußerst interessantes Projekt zugetragen wurde, das unsere Aufmerksamkeit verdient. Ein Projekt, bei dem die Fotografie, genau wie es Simic schrieb, Alchemie betreibt, um eine Materie – die des vom Objektiv erfassten Objekts – in Geist verwandelt, oder auch in eine Emotion, eine Geschichte und eine Seele, die ein Stück Land zum Sprechen bringt.

Durch die 32 Ausstellungen, 18 ortsspezifischen Expositionen, Workshops und Präsentationen der Gibellina PhotoRoad, das erste internationale Open-Air-Fotografie-Festival in Italien, gelangte im Sommer 2016 ha die kleine Gemeinde mit 4.000 Einwohnern in der Provinz Trapani in die Medien und die Zahl der Anwesenden verdoppelte sich während des Veranstaltungszeitraums. Gebäude, Plätze, Straßen und Kirchen wurden zum Bühnenbild für die Werke von 45 Künstlern: Große Meister wie Olivo Barbieri, Letizia Battaglia, Guido Guidi, Mimmo Jodice zusammen mit zahlreichen aufstrebenden Talenten.

Die Ausgabe 2018 weckt bereits gewisse Erwartungen bei all jenen, die das Panorama der Fotografie in Italien im Auge behalten. Aus diesem Grund gibt uns Arianna Catania, Schöpferin und künstlerische Leiterin des Festivals, hier vorab bereits einige Einblicke und erzählt von den gemachten Erfahrungen.

Bevor wir vor Neugier platzen: Wann findet die nächste Ausgabe statt?

Im Juli 2018… Wir sind gerade in der Fundraising-Phase! Ich arbeite zusammen mit dem Verband On Image, in dem ich Präsidentin bin, sowie mit der Fondazione Orestiadi und einer Gruppe angesehener Kuratoren. Das Festival wird jedes zweite Jahr mit dem Ziel statt finden, die internationalen Partnerschaften zu stärken und das spektakuläre Wesen der Einrichtungen hervorzuheben.

Wie ist dieses Projekt entstanden?

Alles begann vor einigen Jahren mit einer meiner Ideen: Ich wollte diese einzigartige, aber stark unterschätzte Stadt ungeachtet ihrer engen Verbindung zur Kunst zu neuem Leben erwecken. Die erste Ausgabe wurde dank einer Ausschreibung des Präsidiums des Ministerrates realisiert und durch die Fondazione Orestiadi von Gibellina zusammen mit der Galleria X3 von Palermo gefördert.

Die Wirkung der Bilder im urbanen Kontext war wirklich beeindruckend.

Das stimmt. Mit Pixartprinting erstellten wir 1.500 m² voller großer und äußerst hochwertiger Fotodrucke. Neben den Fotodrucken für die Ausstellungen von Alessandro Calabrese und Alice Grass hatte der 21×7-Druck der Ausstellung von Valerie Jouve eine besonders theatralische Wirkung, der am oberen Teil der Fassade des Rathauses von Gibellina angebracht war: Die Fenster schienen zum Leben zu erwachen, sodass man sich beinahe vorstellen konnte, was sich in den Räumen abspielte. Alle Installationen wurden so ausgelegt, dass sie mit den Bauwerken in Dialog traten und diesen wiederum neues Leben einhauchten. In diesem bidirektionalen Raum/Bild-Verhältnis verbirgt sich der originelle Beiklang, der unser Festival im Vergleich zu anderen Freiluftausstellungen so einzigartig macht.             

Wie kann die Fotografie Ihrer Meinung nach heute mit der Stadt in Dialog treten?

Ich denke, dass die Fotografie aufgrund ihrer extrem dehnbaren Sprache und ihrer Fähigkeit, ihre eigenen Grenzen zu durchbrechen, die am besten geeignete Kunstform ist, um mit der Stadt zu etwas Neuem zu verschmelzen. Sie kann die Identität einer Stadt wie in Gibellina neu definieren, doch dazu ist es nötig, dass sie den Kontext auf Zehenspitzen betritt und sich geradezu tarnt. Anderenfalls würde sie nur zu Unübersichtlichkeit führen, wie es so häufig der Fall ist, und die Wahrnehmung des Bildes würde durch ablenkende Elemente gestört werden.

Starten Sie auch für 2018 einen Künstleraufruf?

Es wird sogar zwei geben: Einen für eine Open-Air-Installation auf einem Platz und einen weiteren für ein Video-Mapping-Projekt mit der Kirche Chiesa Madre in Gibellina. Im letzten Jahr hatte sich die Apsis, eine riesige weiße Kugel, für eine Nacht in einen Planeten verwandelt…

Während wir auf dieses Event hin fiebern, können wir uns hier auf dem Laufenden halten.