Produktnamen finden – Wie wichtig ist das und wie geht es richtig?

Produktnamen finden – Wie wichtig ist das und wie geht es richtig?

Diego Fontana Veröffentlicht am 5/10/2019

Beim sogenannten Naming geht es darum, Namen für Produkte, Marken, Dienstleistungen, Produktreihen oder einzelne Produkte zu erfinden. Wir können (mit einem Augenzwinkern) behaupten, dass sich alle Eltern schon mindestens einmal in ihrem Leben mit Naming beschäftigt haben. Indem wir uns bewusst machen, wie wichtig unser eigener Name ist und welches Bild er innerhalb der Gesellschaft auf uns wirft, wird uns deutlicher, wie wichtig das Naming eines Produkts oder einer Dienstleistung, die neu auf den Markt eingeführt werden sollen, wirklich ist. Für ein neues Produkt wie auch für Start-ups ist das Naming der erste Schritt in der Welt der Kommunikation. Und wie heißt es so schön: Man bekommt keine zweite Chance, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.

Welche Eigenschaften erfüllen gute Namen?

1. Sie besitzen eine Identität, einen Charakter, eine Persönlichkeit.

2. Sie sind leicht auszusprechen und oft kurz.

3. Sie sind sehr symbolträchtig: Sie rufen Geschichten, Gefühle, Emotionen hervor.

4. Sie sind spezifisch, aber nicht erklärend: Sie vermitteln eine deutliche Idee, sind aber niemals einfache Beschreibungen.

Betrachten wir einige Beispiele, von denen manche alle genannten Leitprinzipien perfekt erfüllen, manche jedoch auch andere Eigenschaften aufweisen:

Eataly: Eine Mischung aus dem englischen Wort für das Verb „essen“ („eat“) und das Land Italien („Italy“), die alle erforderlichen Eigenschaften erfüllt. Der Name hat eine Identität, er klingt gut, ist symbolisch und spezifisch, ohne das Projekt genauer zu beschreiben.

Quattro Salti in Padella: der Name einer erfolgreichen Lebensmittelmarke. Er ist so musikalisch, dass er auch ein Kinderreim sein könnte. Und aus diesem Grund ist er auch trotz seiner Länge erfolgreich.

IBM: Abkürzung für International Business Machines. Namen aus Akronymen zu erschaffen setzt heutzutage besondere Vorsicht voraus. Die Gründe dafür erfahren Sie im nachfolgenden Abschnitt.

Das Logo von Eataly. Alle Rechte vorbehalten und Eigentum von Eataly: https://www.eataly.net/

So erfinden Sie wirkungsvolle Namen

In der heutigen Zeit des Überflusses an Produkten und Dienstleistungen ist ein einprägsamer Name, der zudem ansprechend und interessant klingt, wichtiger denn je. Wenn Sie gerade mit dem Naming für Ihr nächstes Produkt beschäftigt sind, haben wir hier einige Tipps für Sie:

1. Analysieren Sie das direkte Umfeld

Wer sucht, der findet normalerweise auch. Bevor Sie damit beginnen, Ihre Ideen niederzuschreiben, werfen Sie einen Blick auf Ihre Mitbewerber. Werten Sie aufmerksam die Namen aus, die die Konkurrenz in Ihrer Branche verwendet und notieren Sie sich die interessantesten, originellsten und diejenigen Produktnamen, die am meisten Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

2. Verknüpfen, assoziieren und kombinieren Sie neu

Nachdem Sie sich ein Bild der Namen Ihrer Konkurrenz gemacht haben, beginnt die eigentliche kreative Phase. Zunächst kann es hilfreich sein, nach Assoziationen zu suchen: Was denken Sie, wie der Name Eataly entstanden ist? Der Bereich des Essens (aus dem das englischen Verb eat hervorgeht) wurde mit dem der „Italianität“ (und dem zugehörigen Begriff Italy) verbunden. Diese Verknüpfung funktioniert besonders gut, da sie einprägsam ist, sich einfach aussprechen lässt und dabei auch noch ähnlich klingt wie Italy.

3. Nehmen Sie sich sprachliche Freiheit (aber in Maßen)

Naming
Pinterest-Logo. Alle Rechte liegen bei Pinterest: https://www.pinterest.com/

Die Sprache bietet viel Raum zum Experimentieren, zum Bilden von Neologismen und für Wortspiele. Doch völlige Freiheit ganz ohne Regeln kann die Sinne verwirren und für Blockaden sorgen. Genau aus diesem Grund können einige Leitlinien hilfreich sein:

Austauschen, Hinzufügen oder Weglassen von Buchstaben

Sie können die Buchstaben in einem Wort ändern, neue hinzufügen oder Buchstaben weglassen, um so originelle und evokative Neologismen zu erschaffen. Ich persönlich empfehle, nur eine dieser Änderungen am Ausgangsbegriff vorzunehmen. Ein Beispiel dafür wäre der Blog Pennamontata, da hier das „a“ in „pannamontata“ (ital. für „Schlagsahne“) durch ein „e“ ersetzt wurde.

Fusion zweier Wörter (Krase)

Das Verbinden und Vermischen zweier Wörter ist eine sehr erfolgreiche Technik. Doch wenn Sie nach dieser Methode vorgehen, wie es bei der italienischen Airline Alitalia („ali“ (Flügel) + „Italia“ (Italien)) gemacht wurde, sollten Sie besonders auf den Klang des Ergebnisses achten. Besonders gut funktioniert diese Technik, wenn der letzte Teil des ersten Wortes mit dem Anfang des zweiten Wortes übereinstimmt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist Pinterest, aus „pin“ (anheften) und „interest“ (Interesse), die das Segment „in“ gemeinsam haben – eine wirklich gelungene Kombination.

4. Es müssen nicht unbedingt Neologismen sein

Manchmal existiert der ideale Name bereits als Wort in einem Bereich, an den wir bei unserer Ideensuche vielleicht gar nicht gedacht haben. Anders ausgedrückt kann man auch in Metaphern sprechen. Dazu müssen wir lernen, nach dem Wie bestimmter Produkteigenschaften zu fragen und unseren Geist in weit entfernte Welten abschweifen zu lassen, die auf den ersten Blick nichts mit unserem Produkt zu tun haben. Ist dieses Glas wirklich so stark? WIE stark? Wie ein Gorilla? Und schon haben wir’s: Gorilla Glass. Und dasselbe gilt für Yoga als Bezeichnung für einen Laptop, dessen Bildschirm viel flexibler ist als der des durchschnittlichen Laptops.

5. Akronyme: Durch die Tür gegangen, durch die Fenster des Webbrowsers wieder zurückgekehrt

Naming
IBM Logo Alle Rechte vorbehalten und Eigentum von IBM: https://www.ibm.com/

Akronyme bzw. Abkürzungen – wie IBM – funktionieren heutzutage nicht mehr so gut. Sie sind weder direkt noch evokativ und müssen eigentlich immer erklärt werden. Sie verkörpern also somit das genaue Gegenteil aller Eigenschaften, die im Zeitalter der digitalen Revolution von Bedeutung sind. Es gibt dennoch einige Ausnahmen, die doch funktionieren:

• Man kann Akronyme erstellen, deren Endergebnis vollständig oder zumindest teilweise Sinn ergibt. Wenn es dann noch eine bestimmte Vorstellung hervorruft, ist das Ziel erfüllt. Ein Beispiel: das Museum für moderne Kunst von Bologna heißt Mambo, kurz für Museo di Arte Moderna di BOlogna. Ein gelungener Name mit Charakter und Wirkung.

• In manchen Fällen bieten Akronyme auch die Möglichkeit, neue Wörter zu erfinden, die auch als Website-Domain noch frei und verfügbar sind – ein Faktor, der in unserer heutigen Welt von fundamentaler Wichtigkeit für den Erfolg ist.

6. Die Wahrnehmung jenseits der Bedeutung

Wörter haben Klänge, Formen, Farben, Temperaturen. Das M kommuniziert Gastfreundlichkeit, das A Ruhe, das O Vollständigkeit. Das I ist kälter als das E. Konsonanten wie das R und das T kommunizieren ein Gefühl von Härte, weshalb Sie sie lieber nicht im Überfluss in einem Namen verwenden sollten, der eigentlich Geborgenheit und Sanftheit vermitteln soll. Wussten Sie außerdem, dass viele Menschen die Vokale in bestimmten Farben sehen (Synästhesie).

7. Aus Namen entstehen Namen

Den richtigen Namen findet man, indem man sich mehrere überlegt. Lieber zehn Namen zu viel als zu wenig, denn aus jedem notierten Namen können sich weitere ergeben. Schreiben Sie jede Menge Namen auf, auch während Sie mit anderen Dingen beschäftigt sind. Man muss sich gehen lassen, Assoziationen erwecken, das Unterbewusstsein dazu ermutigen, sich an dem kreativen Prozess zu beteiligen. Es sollte Spaß machen. Später werden sie aussortiert, doch zuerst müssen wir sie erfinden.

8. Zwischen Naming und Website-Domain: Der Fall Ikea

Für Unternehmen, die auf einen digitalen Auftritt angewiesen sind, ist es beinahe unabdingbar, dass dessen Name und Website-Domain zu hundert Prozent übereinstimmen. Denn dies macht es viel einfacher, von potenziellen Nutzern bzw. Kunden gefunden zu werden. Als direkte Folge dieser Notwendigkeit wird der Vorgang des Naming deutlich schwieriger: Während es vor der digitalen Zeit noch ausreichte, dass ein Name noch nicht von einem anderen Unternehmen derselben oder einer ähnlichen Branche genutzt wurde, muss man heute zusätzlich sicherstellen, dass auch die Webdomain noch verfügbar ist, was den gesamten Prozess noch etwas komplizierter macht.

Doch die Digitalisierung des Naming wirkt sich auch auf den kreativen Aspekt dieser Arbeit aus. Einerseits sorgt die Notwendigkeit, eine freie Domain zu finden, dafür, dass es schwieriger wird, einen Namen mit hohem symbolischem Wert zu erfinden; andererseits lässt sich auch eine gewisse Tendenz zu immer selbsterklärenderen und beschreibenderen Namen erkennen, die man bis vor wenigen Jahren noch nicht einmal in Betracht gezogen hätte. Die Idee dahinter ist, dass der Name zumindest teilweise bereits einem vom Nutzer verwendeten Keyword entsprechen soll.

Einige Beispiele gefällig?

  • https://foodandtravel.com/
  • https://www.booking.com
  • https://coolmaterial.com/

In jedem dieser Namen dominiert die deskriptive Komponente deutlich gegenüber der evokativen und emotionalen. Doch während wir auf einer Seite an Aussagekraft einbüßen, sichern wir uns auf der anderen Traffic, dank der Stichwörter, die bereits realen Suchanfragen entsprechen.

Naming
Ein erfolgreiches Beispiel für kreative “Namen”: Ikea-Produkte und Benutzersuchen im Netzwerk. Bild von der Ikea-Website: http://ikearetailtherapy.com/

Doch auch diese Tendenz, die die Gefahr mit sich bringt, dass das Endergebnis an Glanz verliert, lässt sich zu einem großen eigenen Vorteil umwandeln. Auf der Website Ikearetailtherapy.com wurden die Namen der Ikea Produktklassiker auf humorvolle Weise basierend auf realen Suchbegriffen der Nutzer umbenannt. So heißt ein Sofa auf der Seite beispielsweise Mein Partner schnarcht, ein Abakus wurde Die Kosten mit meinem Partner teilen genannt und ein Notizbrett trägt den Namen Er kann mir nicht sagen, dass er mich liebt.
Diese Kampagne war ein großer Erfolg in Hinblick auf die Empathie mit seinen Kunden: Das Unternehmen versetzte sich auf sympathische und lustige Weise in die Menschen hinein, mit denen es kommuniziert, und macht deutlich, dass es sich nicht einfach nur um Möbelstücke handelt, sondern um Teile unseres Lebens, die aus kleinen und großen Wahrheiten des Alltags bestehen – eine wirklich tolle Inspiration.

Das Naming, nochmal in Kürze

Die wichtigste Regel lautet vermutlich wie folgt: Es gibt keine Regeln, nur Leitlinien. Wir haben beispielsweise gesehen, dass Abkürzungen im Stile von IBM nicht mehr funktionieren, doch das nur in der Theorie. Je kürzer desto besser, doch „Quattro salti in padella“ vergisst trotzdem keiner so schnell. Stark erklärende Namen klingen kühl und banal und dennoch zeigt uns der Fall Ikea, dass man auch auf dieser Spur erfolgreich fahren kann.

Wir hoffen, dass Ihnen dieser Beitrag weitergeholfen hat, und wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihr nächstes Naming-Projekt.