Die Zehn Gebote des guten Geschmacks im Grafikdesign

Die Zehn Gebote des guten Geschmacks im Grafikdesign

Alessandro Bonaccorsi Veröffentlicht am 10/23/2017

Grafikdesign umgibt uns überall. Es dringt in jeden kleinen Hohlraum unserer Welt ein und ist allgegenwärtig, auch wenn wir es nicht immer bewusst wahrnehmen. Aus diesem Grund haben wir Grafikdesigner die wichtige Aufgabe, Designs in hoher Qualität zu erstellen und uns dabei nicht nur auf unsere Intuition zu verlassen, sondern uns auch an einige kleine Leitsätze zu halten.

Anderenfalls steigern wir die visuellen Nebengeräusche, die Störsignale und die Scheußlichkeit, die unsere bereits beschränkte Konzentrationsfähigkeit überfordert und unsere Wahrnehmung durcheinander bringt (wenn wir im Internet surfen, durch die Straßen gehen, Informationen suchen oder Zeitung lesen – denn Grafikdesign ist wirklich überall!).

Auf diesen Beobachtungen bauen unsere Zehn Gebote des guten Geschmacks im Grafikdesign auf, das heißt die zehn Prinzipien, die uns helfen, etwas bessere Designs zu erstellen. Dabei spaßen wir auch mit einigen Klischees und Sünden, derer sich eine gewisse Art von konsumorientierten Designs für die breite Masse schuldig machen.

Los geht’s!

Regel Nr. 1 – Nie mehr als drei Schriftarten verwenden

Verwenden Sie in einem einzigen Projekt niemals mehr als drei verschiedene Schriftarten. Auch zwei sind schon genug. Vier führen zu Unruhe, fünf erzeugen Chaos und sechs oder mehr Schriftarten grenzen an zwanghaftes Horten. Im Grafikdesign sollen Informationen strukturiert und gut verständlich angeordnet werden. Zu viele verschiedene Schriftarten machen es unmöglich, Hierarchien zu erkennen und Arten von Inhalten zu unterscheiden.

Beispiel für ein gelungenes Design mit nur zwei verschiedenen Schriftarten

Regel Nr. 2 – Es gibt weit mehr Farben als die in den Programmen voreingestellten und die von Pantone festgelegten

Wir können sie sogar selbst je nach unseren Anforderungen zusammenstellen. Es gibt Bücher und sogenannte Farbatlanten, die aufzeigen, wie die Farben in den Druck kommen und wie sie sich in Aktion verhalten, das heißt wenn sie auf verschiedenen Untergründen oder mit bestimmten Schriftarten verwendet werden, zu welchen Farben sie am besten passen etc.

Regel Nr. 3 – Weißraum ist wichtig

Genau wie wir uns selbst an unseren Wochenenden und in unserer Freizeit nach Erholung sehnen, so sehnen sich auch die Augen derjenigen nach Erholung, die unsere Designs betrachten. Deshalb sollten wir nicht versuchen, jede kleine Ecke auszufüllen, sondern weiße Fläche sinnvoll einsetzen, um die wichtigen Informationen hervorzuheben. Entfernen Sie überflüssige Inhalte.

Regel Nr. 4 – Bilder dürfen über den Rand hinausragen

Bei der Erstellung einer Grafik können die Bilder auch über den Rand unseres Formats hinausragen. Sie werden dann einfach später abgeschnitten. Begrenzen Sie die Bilder nicht auf einen bestimmten Rahmen, sondern verteilen Sie sie mutig auf der gesamten Seite. Dies bringt etwas zusätzliche Arbeit mit sich, um die Informationen lesbar zu machen. Doch bekanntlich fördert die Problemlösung unsere Intelligenz und in diesem Fall macht sie uns zu besseren Grafikdesignern.

Über den Rand herausragendes Bild, einfache Schrift mit gutem Kontrast, ein sehr gut lesbares und leichtes Design

Regel Nr. 5 – Schriftarten wählen, die zusammenpassen

Wir wählen die Schriftart nicht nach unseren eigenen Vorlieben aus, sondern danach, was am besten zu unserem Projekt passt. Jede Schriftart hat ihre eigene Geschichte und Eigenschaften, die sie für einige Zwecke mehr und für andere weniger geeignet machen. Am besten setzen Sie sich mit den verschiedenen Schriftarten genau auseinander, um sie besser kennenzulernen und um Ihren Projekten eine starke Kohärenz verleihen zu können. Einige Beispiele: Times wurde speziell für die kleinen Texte in den Zeitungen entworfen, Futura gibt es seit den 1920ern (und so modern ist sie auch), Arial ist die unschöne Kopie von Helvetica, Frutiger wurde für Flughafenschilder designt und Comic Sans… naja, dafür brauchen wir eine separate Regel.

Regel Nr. 6 – Comic Sans ist was für Comics. Wenn wir nicht gerade ein Comic designen, dann lassen wir lieber die Finger davon

Schluss mit Comic Sans! Versuchen wir neue und schönere Schriftarten zu finden. Es gibt eine riesige Auswahl, viele davon sogar kostenlos.

Comic Sans, fließende Farbübergänge, Stauchungen, Unleserlichkeit: ein wirklich schlechtes Design

Regel Nr. 7 – Schatten und erhabene Effekte gehören zum Grafikdesign wie Socken und Sandalen zur Designermode

Ab und zu setzt sie jemand ein, um zu provozieren, aber wirklich gut aussehen werden sie wohl nie und haben sie auch noch nie. Hin und wieder können Schatten ganz hilfreich sein. Wenn wir uns jedoch die Arbeiten der erfolgreichsten Grafikdesigner ansehen, hat sie so gut wie keiner von ihnen je verwendet. Woran das wohl liegt?

Eines von vielen Beispielen schlecht erstellter Designs, die wir tagtäglich in Händen halten

Regel Nr. 8 – Sich Inspiration bei den ganz Großen holen

Gute Grafikdesigner gab es schon immer. Viele ihrer Arbeiten findet man in Büchern und im Internet und wer in großen Städten oder Provinzstädten mit langer Designtradition lebt, hat sie immer vor Augen. Auch auf Reisen in die europäischen Hauptstädte kann man in den Touristeninformationsbüros Beispiele großer Designkunst entdecken.

Von ihnen sollten wir uns inspirieren lassen, wir sollten lernen, die Entscheidungen der erfolgreichen Designer zu analysieren und uns ein Musterarchiv aufzubauen, aus dem wir jedes Mal schöpfen können, wenn wir vor einem neuen Projekt stehen: Dies hilft Ihnen dabei, gute Grafiken zu erstellen, und nach und nach werden Sie Ihren eigenen Stil zwischen den bereits bereisten Wegen finden.

Und noch ein Tipp: Inspiration suchen heißt nicht Kopieren. Wer kopiert lernt nicht.

Ein Beispiel für ein ausgezeichnetes Design in Kombination mit darauf abgestimmten Bildern

Regel Nr. 9 – Die Verwendung von Rastern und Gittern lernen, um es dann genau anders zu machen

Beim Grafikdesign geht es um Struktur und somit um Raster und Gitter, die die Texte, Bilder und Formen ordnen und unser Auge und Verständnis leiten. Es ist wichtig, den Umgang damit zu beherrschen. Und sie dann ab und zu zu durchbrechen, zu experimentieren und alten Mustern zu entkommen.

Denn Muster können nur durchbrochen werden, wenn man sie auch verwendet. Wenn man sie nicht verwendet, kann man sie nicht durchbrechen und schlimmer noch, man riskiert letztendlich nicht verstanden zu werden. Als würden wir sprechen, ohne die Grammatik zu beherrschen, ohne zu wissen, wie man einen Satz bildet.

Achten Sie auf Designs, die mit allen Regeln brechen: dadurch fällt es auch Ihnen leichter

Regel Nr. 10 – Wenn es nicht schön wird, dann trotzdem zumindest verständlich!

Praktisch zu denken ist sehr wichtig. Es gelingt einem nicht immer, seinen persönlichen Stempel auf sein Projekt zu setzen, nicht immer werden unsere Arbeiten herausragend, nicht immer erschaffen wir Designs, auf die wir noch lange stolz sein können.

Wir haben jedoch immer die Möglichkeit, guten Service zu leisten und sicherzustellen, dass das, was lesbar und verständlich sein muss, gut lesbar und gut verständlich ist.

Das ist vielleicht die wichtigste aller Regeln. Denn wir Grafikdesigner müssen uns immer wieder bewusst machen, dass wir für die Personen arbeiten, die später unsere Produkte nutzen werden. Und wir müssen sicherstellen, dass die Erfahrung, die unsere Kunden mit unseren Produkten machen, bestmöglich ist.

Auch mit einem einfachen weißen Hintergrund und nur zwei Schriftarten.

Auch so.

Genau wie es bereits viele große Grafikdesigner vor uns getan haben.

Viel Erfolg!